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Telefonklingeln, Straßenlärm, Vogelgezwitscher: Ein gutes Hörgerät erweckt die Welt akustisch zu neuem Leben. Wenn man sich einmal an Schwerhörigkeit gewöhnt hat, können diese vielen Sinneseindrücke zu Anfang etwas überwältigend sein. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken und nehmen Sie sich die nötige Zeit, um sich an Ihr neues Hörgerät gewöhnen zu können. Dazu gehört sowohl das körperliche Empfinden des Gerätes im Ohr als auch das tatsächliche Hören. Eines ist sicher: Nach einiger Zeit der Gewöhnung werden Sie Ihr Gerät nicht mehr missen wollen!

Was erwartet mich in den ersten Wochen?

Je nach Stärke des Hörverlusts kann es sein, dass Sie Ihre Umgebung derzeit nur gedämpft oder manche Geräusche gar nicht mehr wahrnehmen können. Miter einer Hörhilfe ändert sich diese Wahrnehmung abrupt. Vor allem in der Eingewöhnungszeit kann der Alltag erschreckend laut werden. Ihre eigene Stimme klingt möglicherweise anders. Und auch der Klang von gewohnten Geräuschen kann sich unter Umständen ändern. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen!
Speziell zu Beginn ist das Tragen Ihres neuen Hörgerätes gewöhnungsbedürftig. Zur Gewöhnungsphase gehört sowohl das körperliche Empfinden als auch das neue „Hören“. So müssen Ihre Ohren erstmal mit dem Gefühl eines eingesetzten Geräts vertraut werden. Auch das Gehirn muss plötzlich wieder sehr viele Reize wahrnehmen und verarbeiten.

Möglicherweise ist es lange her, dass Sie das ganze Spektrum der Klänge gehört haben. Viele Hintergrundgeräusche, die Menschen mit normalem Gehör zu ignorieren gelernt haben, werden für Sie neu klingen und daher zu Beginn viel schwerer auszuschließen sein.

Während Sie sich wieder mit den vielen akustischen Reizen um Sie herum vertraut machen, wird Ihr Gehirn mit der Zeit auch wieder lernen, Hintergrundgeräusche auszublenden und sich auf die wichtigen Geräusche zu konzentrieren. Haben Sie etwas Geduld. Nach einigen Wochen oder Monaten werden Sie gar nicht mehr bemerken, dass Sie ein Hörgerät tragen.

Was sollte ich in der Gewöhnungsphase beachten?

Geben Sie sich Zeit

Normalerweise blendet man unwichtige Hörreize wie Blätterrauschen oder das Tippen von Tasten in einem Büro aus. Doch wenn man diese Geräusche nicht mehr wahrnimmt, vergisst das Gehirn, wie damit umzugehen ist. Die schallverarbeitenden Gehirnzentren müssen also nicht nur lernen, dass mit einem Hörgerät alles etwas anders klingt, sondern auch, dass sie manche Geräusche wieder filtern müssen. Dies kann einige Zeit dauern.

Tipp - die ersten Wochen mit Hörgerät

Um ihrem Gehirn dabei zu helfen, sich wieder an einen normalen Geräuschpegel zu gewöhnen und seine Filteraufgaben wieder wahrzunehmen, sollten Sie das Hörgerät regelmäßig tragen. Es ist wichtig, Erfahrungen zu sammeln und nicht vorschnell aufzugeben.

Es kann helfen, Ihre Erfahrungen und Probleme in einem Hörtagebuch niederzuschreiben. So können Sie Ihren persönlichen Fortschritt jederzeit gut nachverfolgen. Wenn Sie gar nicht zurechtkommen, wenden Sie sich an Ihren Hörgeräteakustiker, der Ihnen bei der Problemlösung helfen kann. Manchmal kann es sinnvoll sein, eine Audiotherapie zu machen - lassen Sie sich dazu rechtzeitig beraten.

Machen Sie sich mit der Handhabung vertraut

Ein wichtiger Punkt, der Ihnen helfen kann, sich an den täglichen Umgang mit Ihrem neuen Hörgerät zu gewöhnen, ist es, sich mit der Handhabung vertraut zu machen. Lassen Sie sich das Einsetzen und Herausnehmen der Hörhilfe von Ihrem Hörgeräteakustiker erklären und üben Sie es regelmäßig. Informieren Sie sich auch über die richtige Pflege, Wartung und Reinigung der Hörgeräte. Probieren Sie die verschiedenen Einstellungen aus und „hören“ Sie die Unterschiede.
Dame setzt sich ihr Hörgerät ein

Nutzen Sie das Gerät zunächst Zuhause

Nutzen Sie Ihr Gerät zunächst in einer ruhigen Umgebung. Das erleichtert Ihnen, Geräusche zu erkennen und richtig zuzuordnen, ohne dabei von Straßen- oder Gesprächslärm gestört zu werden. Sie sollten auch darauf achten, die Umgebung im täglichen Gebrauch so ruhig wie möglich zu gestalten.

Tipp - Sich langsam an Hörhilfen gewöhnen

Sie müssen die neue Hörhilfe nicht den ganzen Tag im Ohr tragen. Wenn Ihnen die Schalleindrücke zu intensiv werden, nehmen Sie das Hörgerät für einen Moment heraus. Beginnen Sie mit einer Tragedauer von wenigen Stunden und erhöhen Sie die Tragezeit von Tag zu Tag, bis Sie es von morgens bis abends tragen können.

Auch ein Spaziergang in der Natur kann Sie im Umgang mit Ihrer Hörhilfe unterstützen. Dort können Sie ohne viele Nebengeräusche vor allem auf leise Geräusche achten: das Rascheln von Laub, Vogelgezwitscher oder das Plätschern von Wasser in einem Springbrunnen.

Nach und nach technische Geräte nutzen

Probieren Sie in aller Ruhe aus, mit Ihren Hörgeräten fernzusehen und Radio zu hören. Hier empfehlen sich vor allem Nachrichtensendungen für einen ersten Test. Die Sprecher darin sind gut ausgebildet und sprechen daher klar und deutlich. Ein Beitrag folgt auf den anderen und es gibt kaum Nebengeräusche wie Hintergrundmusik oder Soundeffekte.

Sie können das Telefonieren mit einem Freund testen. Am besten regeln Sie vorher die Lautstärke herunter und stellen sie während des Gesprächs richtig ein. Wenn Sie weiteres Zubehör zur Optimierung von Telefongesprächen oder den Ton Ihres Fernsehers benötigen, lassen Sie sich von Ihrem Hörgeräteakustiker beraten.

Wagen Sie sich an Gesprächssituationen

Die ersten Gespräche mit Ihrem Hörgerät sollten in einer entspannten Atmosphäre stattfinden. Es ist ratsam nur ein oder zwei Gesprächspartner zu haben und sich in einer ruhigen Umgebung ohne Nebengeräusche, wie z.B. Fernseher oder Lärm von Haushaltsgeräten, zu befinden. Erklären Sie Ihren Gesprächspartnern, welche Folgen das reduzierte Hörvermögen in der Kommunikation hat und wie sie Ihnen bei Gesprächen helfen können.

Für Gespräche gibt es einige nützliche Tipps, die Ihnen auch in späteren Situationen mit mehr Umgebungsgeräuschen helfen können:
  • Wählen Sie eine optimale Hörposition! Die Mikrofone in den Hörgeräten sind in der Regel nach vorn gerichtet. Sitzt der Sprecher hinter oder seitlich von Ihnen, wird es für Sie schwerer ihn zu verstehen. Positionieren Sie sich also gegenüber von Ihrem Gesprächspartner, am besten vis-à-vis. So können Sie auch die Mundbewegungen besser sehen.
  • Sollten Sie ein Gespräch in einer größeren Gruppe führen, bitten Sie die Teilnehmer um das Einhalten von Gesprächsdisziplin. Deutliches Sprechen und nacheinander Reden hilft für das Verständnis ungemein. Gespräche entwickeln sich manchmal schnell. Lassen Sie sich nicht frustrieren, wenn Sie dem Gespräch phasenweise nicht folgen können. Fragen Sie später noch einmal nach, ob jemand das Gesagte für Sie zusammenfassen kann.
  • Achten Sie auf Mimik und Gestik! Wenn Sie bewusst darauf achten, welche Mundbewegungen Ihr Gesprächspartner macht, können Sie lernen diese in Wörter zu übersetzen. Das Gehirn nutzt diese Technik bereits unbewusst, um genuschelte Worte zu verstehen. Mit etwas Übung können Sie diese Fähigkeit gezielt trainieren und nutzen.

Der letzte Schritt: Laute Umgebungen

Sobald Sie sich etwas an Ihr Hörgerät gewöhnt haben, versuchen Sie, es in Umgebungen mit vielen und lauten Umgebungsgeräuschen, wie z.B. auf der Straße oder in Restaurants, zu tragen. Es bietet sich an, an diesen Orten zu testen, wie gut Sie Hintergrundgeräusche filtern und sich unterhalten können.

Besseres hören kann ungewohnt sein

Oft sind es Angehörige und Freunde, die den Anstoß geben, doch mal einen Hörtest zu machen. Empfiehlt sich daraufhin ein Hörgerät, heißt es jedoch geduldig sein, bis sich ein optimales Klangerlebnis einstellt. Denn nachdem sich der Hörsinn dank eines Hörgerätes wieder verbessert hat, empfinden Hörgeräteträger diesen Wandel häufig als eine ungewohnte Reizüberflutung. Nach einer längeren Zeit eines reduzierten Hörens werden Sie vielleicht überrascht sein, wie viel Lärm es in der Welt gibt! Das Hörerlebnis ist zu Beginn oft nicht optimal und kann zuweilen sogar unangenehm sein. Sogar der Klang der eigenen Stimme kann zunächst für Unbehagen sorgen. Dieses Phänomen wird als Okklusionseffekt oder Verschlusseffekt bezeichnet. Die Ursache dafür liegt im so genannten „osteo-tympanalen Knochenschall“. Dieser verursacht einen Anstieg tieferer Frequenzen. Der empfundene Klang wird häufig als ein Mitschwingen der eigenen Stimme im Kopf beschrieben. Um diesem Effekt entgegen zu wirken, optimiert der Hörgeräteakustiker das Verhältnis von Belüftung und Verstärkung individuell.
Wer ein neues Gerät trägt, der sollte sich Zeit lassen, sich an die neuen Sinneseindrücke zu gewöhnen. Zu Beginn bietet es sich an, das Gerät nur einige Stunden am Tag zu tragen. Auch von technischer Seite, am Hörgerät selbst, gibt es Möglichkeiten über verschiedene Programme einen langsamen Einstieg zu finden.
Ein enger Austausch mit dem Hörgeräteakustiker und regelmäßige Betreuung sind während der Eingewöhnungsphase unbedingt erforderlich. Lassen Sie es ruhig angehen, damit Sie die ungewollte Stille hinter sich lassen und wieder jeden Ton genießen können.

Wie kann ich Menschen in meinem Umfeld unterstützen?

Wer nicht mehr so gut hört, bekommt ein Hörgerät – so weit, so gut. Doch nicht nur die Technik ist wichtig für das bessere Hören, sondern auch das soziale Umfeld. Freunde und Angehörige sind eine wichtige Stütze.

Worauf kommt es an?

Geduld ist die wichtigste Eigenschaft, die Kommunikationspartner mitbringen müssen. Das gilt jedoch ebenso für die Betroffenen. Man sollte geduldig sein mit sich selbst und nicht zu viel verlangen. Die Gewöhnung an das Tragen des Hörgeräts ist ein längerer Prozess – einfach anschalten und wieder gut hören ist in den meisten Fällen nicht möglich. Denn hören ist eine Gehirnleistung, die erst wieder trainiert werden muss.
Aufmerksamkeit ist ebenso wichtig. Menschen, die von einer Hörminderung betroffen sind, müssen sich in der Regel sehr konzentrieren, um einem Gespräch – gerade in größerer Runde – folgen zu können. Einfach mal „mit halbem Ohr mithören“ ist nicht drin. Gewähren Sie sich selbst die nötige Zeit und Aufmerksamkeit, die Sie brauchen, um einem Gespräch zu folgen. Unser Tipp: Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Mit etwas Geduld und Konzentration machen auch größere Gesprächsrunden wieder Freude.

Offene Worte

Ebenso wichtig ist Offenheit im Umgang mit Gesprächspartnern. Lächeln, nicken und Ja-Sagen hilft niemandem. Es erhöht nur den Frustfaktor auf beiden Seiten. Sagen Sie offen, wenn Sie etwas nicht oder nur unzureichend verstanden haben - und das immer wieder.

Auch wenn es mühsam ist, eine andere Lösung gibt es nicht. Sagen Sie konkret, was nicht verstanden wurde und bitten Sie, deutlicher zu sprechen, umzuformulieren oder dass man Sie ansieht beim Sprechen. Nicht-Betroffene werden sich diese einfachen Verhaltensregeln nicht gleich merken. Sie werden Freunde oder Angehörige häufiger darauf hinweisen müssen.

Wie kann ich mein Gehör trainieren?

Straßenlärm, Durchsagen am Bahnsteig oder Stimmengewirr im Café stellen für das Gehör eine Herausforderung dar. In solchen Situationen ist es häufig schwierig, alles zu verstehen oder sich auf den Gesprächspartner zu konzentrieren. In diesen Fällen können Hörgeräte helfen, das Gehörte dann aber auch richtig zu verstehen ist Aufgabe des Gehirns. Dies lässt sich zum Glück trainieren. Hier finden Sie fünf praktische Übungen für den Alltag:
1. Geräusche orten
Richtungshören ist vor allem im Straßenverkehr extrem wichtig, um zum Beispiel einen herannahenden Rettungswagen rechtzeitig zu hören und reagieren zu können. Diese Ortung können Sie trainieren, indem Sie sich an einen belebten Platz begeben und sich bestimmte Geräusche „herauspicken“. Das kann ein Gespräch sein, Absatzschuhe oder Hundegebell. Versuchen Sie, verschiedene Geräusche zu identifizieren und auch die Richtung zu bestimmen, aus der diese kommen. Damit trainieren Sie zusätzlich Ihre Konzentration und Ihr Arbeitsgedächtnis.
2. Geräusche und Emotionen
Nehmen Sie sich ein paar Minuten, setzen Sie sich auf eine Parkbank oder auf den Balkon und schließen Sie die Augen. Konzentrieren Sie sich auf die einzelnen Geräusche, die Sie wahrnehmen und achten Sie auf die Emotionen, die dabei ausgelöst werden. Bestimmte Geräusche sind meist mit einer bestimmten Emotion oder Erinnerung verbunden. Unangenehme Klänge können beispielsweise leichter ausgeblendet werden, je besser und schneller sie erkannt werden.
3. Gezieltes Hören
Die meisten Menschen sind in überfüllten Räumen mit hohem Lärmpegel überfordert. Für Menschen mit Hörminderung ist das Verstehen hier zusätzlich anstrengend. Häufige Folge ist das Zurückziehen aus solchen Situationen. Das muss aber nicht sein, wenn man „gezieltes Hören“ trainiert. Suchen Sie sich eine Situation mit hohem Geräuschpegel, zum Beispiel ein Restaurant oder eine Bahnhofshalle, und konzentrieren Sie sich ausschließlich auf eine Tonquelle. Das selektive Hören klappt mit der Zeit immer besser.
4. Doppelte Information
Diese Übung ist eine kleine Steigerung zur vorangegangenen. Bitten Sie zwei Personen um Hilfe, die sich rechts und links von Ihnen platzieren. Beide beginnen nun, Ihnen etwas zu erzählen und Ihre Aufgabe ist es, beiden Geschichten zu folgen. Damit trainieren Sie Ihre Fähigkeit, in beide Richtungen zu hören und verbessern Ihr Sprachverstehen, was in geräuschvollen Situationen sehr von Vorteil sein kann.
5. Verstehen ohne Worte
Unbewusst achten wir beim Hören auch auf die Gestik und vor allem Mimik unseres Gegenübers. Das hilft ebenfalls dabei, das Gesagte im richtigen Kontext zu verstehen. Trainieren Sie diese Fähigkeit, indem Sie zum Beispiel die Nachrichten im Fernsehen auf stumm schalten und nur anhand der Lippen-, Wangen-, Zungen- und Kehlkopfbewegungen des Sprechers versuchen, den Beitrag zu verstehen.
Wenn Sie sich in dieser Zeit mit neuen Klängen weiterhin nicht wohl fühlen, sprechen Sie mit einem unserer Hörgeräteakustiker – er kann möglicherweise Anpassungen vornehmen, um Ihnen zu helfen.