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Das Treacher-Collins-Syndrom, auch Franceschetti-Syndrom genannt, ist eine seltene angeborene Erkrankungen, die durch Gesichtsanomalien gekennzeichnet ist. Benannt nach dem englischen Chirurgen Edward Treacher Collins, der die Erkrankung erstmals im Jahr 1900 beschrieb, betrifft dieses Syndrom etwa einen von 50.000 Menschen weltweit. Männer und Frauen sind gleichermaßen gefährdet und ein betroffener Elternteil vererbt das Gen mit 50 %-iger Wahrscheinlichkeit an sein Kind. Treacher Collins manifestiert sich durch eine Vielzahl physischer, psychischer und sozialer Herausforderungen für die Betroffenen, weshalb es von entscheidender Bedeutung ist, die Ursachen, Symptome und verfügbaren Behandlungen genau zu beleuchten.

Was ist die Hauptursache für das Treacher-Collins-Syndrom?

Das Treacher-Collins-Syndrom wird hauptsächlich durch Mutationen in den Genen TCOF1, POLR1D und POLR1C verursacht. Diese Mutationen stören die normale Entwicklung des kraniofazialen Gewebes während des Embryonalwachstums1, 2

Die von diesen Genen produzierten Proteine spielen eine wichtige Rolle bei der frühen Entwicklung von Knochen und anderen Geweben im Gesicht. Sie sind für die Bildung und Funktion bestimmter Zellstrukturen verantwortlich, darunter auch Ribosomen. “Ein Ribosom ist eine interzelluläre Struktur, die sowohl aus RNA als auch aus Protein besteht und der Ort der Proteinsynthese in der Zelle ist.“3

Eine beeinträchtigte Ribosomenbiogenese führt zu einer verminderten Zellproliferation, was sich auf die Entwicklung von Gesichtsstrukturen wie Wangenknochen, Kiefer und Ohren auswirkt.

Was sind die Symptome beim Treacher-Collins-Syndrom?

Das auffälligste Symptom des Treacher-Collins-Syndroms sind kraniofaziale Anomalien.
Betroffene weisen typischerweise folgende klinische Merkmale auf:
  • Nach unten gerichtete Augen
  • Kolobom: Die häufigsten Kolobome entwickeln sich in der Iris und führen zu einer schlüsselloch- oder katzenaugenförmigen Pupille
  • Unterentwickelte Wangenknochen
  • Kleiner Kiefer
  • Gaumenspalte oder hochgewölbter Gaumen
  • Missgebildete oder fehlende Ohren
Folgende körperlichen Merkmale können zudem unterschiedlich stark ausgeprägt sein: In einigen Fällen kann die Störung auch andere Körperteile betreffen, beispielsweise die Gliedmaßen oder Organe.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für das Treacher-Collins-Syndrom?

Das Treacher-Collins-Syndrom ist eine komplexe Erkrankung, die einen interdisziplinären Behandlungsansatz erfordert.1, 6
  1. Medizinische Interventionen zielen darauf ab, die spezifischen Symptome und Komplikationen zu behandeln, mit denen betroffene Personen konfrontiert sind.
  2. Chirurgische Eingriffe spielen eine wichtige Rolle bei der Korrektur kraniofazialer Anomalien, der Rekonstruktion der Ohren und der Verbesserung der Atem- und Schluckfunktionen.5
  3. Sprachtherapie, Hörgeräte und zahnärztliche Eingriffe werden häufig eingesetzt, um die Kommunikationsfähigkeit zu verbessern und die allgemeine Lebensqualität zu steigern.
  4. Psychologische Unterstützung und Beratung sind für die Betroffenen, aber auch für deren Familien von entscheidender Bedeutung, die mit den emotionalen und sozialen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Treacher-Collins-Syndrom, und oftmals auch mit einem Selbstwertgefühl, zurechtkommen müssen.

Spezifische Ohren- und Hörbehandlung

Eine gestörte kraniofaziale Entwicklung in der Gebärmutter kann zu kleinen oder unterentwickelten äußeren Ohren, sogenannten Mikrotien, führen. Die kleinen und unförmigen Außenohren liegen oft tief an und bei manchen Babys kann auch der Gehörgang eng sein oder fehlen. Das nennt man Anotie.4

In diesen Fällen kann die natürliche Schallaufnahme durch den Gehörgang und das Mittelohr beeinträchtigt sein, was zu einer Schallleitungsschwerhörigkeit führt. Ein zu enger oder nicht vorhandener Gehörgang schließt die Anpassung eines herkömmlichen Hörgeräts zur Behandlung des Hörverlusts aus.
Stattdessen kann ein knochenverankertes Hörgerät oder BAHA eingesetzt werden. Dadurch kann der Schall über die Schädelknochen geleitet werden, wobei das Außen- und das Mittelohr vollständig umgangen wird.

Ein BAHA besteht aus drei Teilen:
  1. Titanimplantat: Dieses wird chirurgisch in den Schädelknochen hinter dem Ohr implantiert.
  2. Externe Verbindung: Wird mit dem Titanimplantat verbunden und überträgt Schall vom Prozessor in mechanische Schwingungen.
  3. Prozessor: Ein abnehmbares Gerät, das Geräusche über das Mikrofon aufnimmt und in Vibrationen umwandelt.

10 Fakten zum Treacher-Collins-Syndrom:

  1. Lebenserwartung: Das Treacher-Collins-Syndrom hat normalerweise keinen Einfluss auf die Lebenserwartung. Es sei den, es treten schwere Atem- oder Ernährungsprobleme auf.
  2. Intelligenz: Die Intelligenz wird durch das Syndrom nicht direkt beeinträchtigt, weil es sich hauptsächlich auf die körperliche Entwicklung auswirkt.
  3. Prävalenz: Das Treacher-Collins-Syndrom ist eine seltene Erkrankung, die bei etwa einem von 50.000 Geburten auftritt.
  4. Gene: Das Syndrom wird vererbt, wobei eine Kopie des veränderten Gens in jeder Zelle die Störung verursachen kann. In einigen Fällen wird es auf spontane Genmutationen zurückgeführt.
  5. Pränatale Früherkennung: Durch fortschrittliche medizinische Bildgebungsverfahren wie Ultraschall un Gentests kann das Treacher-Collins-Syndrom bereits vor der Geburt erkannt werden.
  6. Schweregrad: Die Schwere der Symptome kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein und von leichten Gesichtsanomalien bis hin zu ausgedehnteren kraniofazialen Deformationen reichen.
  7. Hörverlust: Schallleitungsschwerhörigkeit kommt beim Treacher-Collins-Syndrom sehr häufig vor. Das liegt an den oft unterentwickelten oder fehlenden Mittelohrstrukturen.
  8. Zahnbeschwerden: Zahnanomalien wie Zahnfehlstellungen und fehlende oder deformierte Zähne kommen bei Menschen mit dem Treacher-Collins-Syndrom häufig vor.
  9. Früherkennung: Eine frühzeitige Erkennung, einschließlich chirurgischer und therapeutischer Eingriffe, kann die Lebensqualität von Menschen mit Treacher-Collins-Syndrom erheblich verbessern.
  10. Netzwerk: Weltweit gibt es verschiedene Organisationen und Selbsthilfegruppen, die den Betroffenen und deren Familien Ressourcen, Informationen und emotionale Unterstützung bieten.6

Weitere Namen für das Treacher-Collins-Syndrom:

  • Franceschetti-Zwahlen-Klein-Syndrom
  • Mandibulofaziale Dysostose (MFD1)
  • Treacher-Collins-Franceschetti-Syndrom
  • Zygoauromandibuläre Dysplasie

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Treacher-Collins-Syndrom oder Franceschetti-Syndrom eine seltene angeborene Erkrankung ist, die durch Gesichtsanomalien und damit verbundene Komplikationen gekennzeichnet ist. Während die körperlichen Symptome der Erkrankung erhebliche Herausforderungen darstellen können, können frühzeitige Erkennung, interdisziplinäre Behandlungen und emotionale Unterstützung die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern.

Durch kontinuierliche Forschung wird das Verständnis dieses rätselhaften Syndroms verbessert, was zu besserer Behandlung für Menschen mit dem Treacher-Collins-Syndrom führt.

Quellen:

  1. Trainor P., Dixon J., Dixon M. (2009). Treacher Collins syndrome: etiology, pathogenesis and prevention. Eur J Hum Genet.;17(3):275-283.
  2. Dauwerse J., Dixon J., Seland S., et al. (2011). Mutations in genes encoding subunits of RNA polymerases I and III cause Treacher Collins syndrome. Nat Genet.;43(1):20-22.
  3. Ribosome. Talking Glossary of Genomic and Genetic Terms. National Human Genome Research Institute. Retrieved from https://www.genome.gov/genetics-glossary/Ribosomeellular,that%20fold%20to%20form%20proteins. on 19 June 2023.
  4. Canfield MA, Langlois PH, Nguyen LM, Scheuerle AE. (2009). Epidemiologic features and clinical subgroups of anotia/microtia in Texas. Birth Defects Research (Part A): Clinical and Molecular Teratology, 85:905-913.
  5. Posnick J. (2014). Treacher Collins Syndrome. Plast Reconstr Surg.;133(3):471e-480e.
  6. Geirdal A., Saltnes S., Storhaug K., Åsten P., Nordgarden H., Jensen J. (2015). Living with orofacial conditions: psychological distress and quality of life in adults affected with Treacher Collins syndrome, cherubism, or oligodontia/ectodermal dysplasia-a comparative study. Qual Life Res. Apr;24(4):927-35. doi: 10.1007/s11136-014-0826-1. Epub 2014 Oct 25. Erratum in: Qual Life Res. 2015 Jul;24(7):1795. PMID: 25344415; PMCID: PMC4366539.
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